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Kreisgruppe Wü

Bebauungsplan "Obere Lehmgrube" in Ochsenfurt/Goßmannsdorf

17.11.2020

Der BUND Naturschutz lehnt eine Bebauung des Geltungsbereiches mit folgender Begründung ab:

 

1. Sehr hohe Wertigkeit der Fläche – Missachtung der Bayerischen Verfassung

 

Das Plangebiet ist aus Sicht des Naturschutzes von sehr hoher Bedeutung. Es grenzt im Osten an das ausgewiesenes Natura 2000-Gebiet „Trockentalhänge im südlichen Maindreieck“ (FFH-6326-371.03) mit überregionaler bis landesweiter Bedeutung an. Im Plangebiet selbst befindet sich ein in der Bayerischen Biotopkartierung erfasstes Biotop Nr. 6326-0078-001 (Trockene Hangwiesen mit Kiefernaufwuchs südwestlich Goßmannsdorf). Weite Teile des Geltungsbereiches sind den Lebensraumtypen FFH-LRT GT 6210 (Kalkmagerrasen) und FFH-LRT GE 6510 (Magere Flachlandmähwiesen) zuzuordnen. Zu diesen Lebensraumtypen zählt im Grunde auch die in 2016 umgebrochene „Orchideenwiese“. Diese Flächen sind damit gemäß FFH-Richtlinie Anhang I geschützt.  Zudem unterliegen diese Flächen im Geltungsbereich dem Schutz gemäß § 30 BNatSchG bzw. Art. 23 BayNatSchG. Kalkmagerrasen und Flachland-Mähwiesen sind typische Lebensräume der Kulturlandschaft, die durch die menschliche Nutzung geprägt wurden. Sie stellen ungemein artenreiche Biotope dar und sind damit für Insekten und alle in ihrer Ernährung von Insekten abhängigen Säuger und Vogelarten äußerst wichtige Lebensräume. Deshalb wurden sie unter europaweiten Schutz im Rahmen der Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie gestellt. Sie sind jedoch in den letzten Jahren durch Aufdüngung, Nutzungsintensivierung und Umbruch sehr stark zurückgegangen. Dem wurde kürzlich auch durch die Aufnahme der Mageren Flachland-Mähwiesen als gesetzlich geschützte Biotope im Bayerischen Naturschutzgesetz (BayNatSchG) Rechnung getragen. Die Erhaltung repräsentativer Vorkommen im Netz NATURA 2000 ist deshalb ein unverzichtbarer Beitrag zur Bewahrung des europäischen Naturerbes, wie das Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz auf eine Landtagsanfrage von Bündnis 90/Die Grünen am 17.04.2020 mitteilte.

Die sehr hohe naturschutzfachliche Bedeutung der eng miteinander verzahnten unterschiedlichen Strukturen wird auch durch die vorhandenen Tier- und Pflanzenarten deutlich.  Mindestens 12 Fledermausarten haben im Gebiet einen potentiellen Lebensraum, mindestens 4 Höhlenbäume sollen entfallen. Auch die Haselmaus ist im Gebiet mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhanden. Nachgewiesen wurde die Zauneidechse, Vorkommen der Schlingnatter sind wahrscheinlich, da geeignete Strukturen vorhanden sind. Diese Arten unterliegen alle dem Schutz gemäß Anhang IV FFH-Richtlinie und sind streng geschützt. 18 Vogelarten (gemeinschaftsrechtlich und streng geschützt, besonders geschützt) nutzten das Gebiet als Brutrevier und Nahrungsraum. Hier sind insbesondere die Rote-Liste-Arten Baumpieper, Gartenrotschwanz und Wendehals (streng geschützt) mit j2eweils einem Brutrevier anzusprechen. Die streng geschützte Turteltaube hat ein Brutrevier im erweiterten Umgriff. Für den streng geschützten Grünspecht wird ein Brutgeschehen auch im Geltungsbereich angenommen, im Umgriff ist es nachgewiesen. Das Gebiet ist Lebensraum für zahlreiche naturschutzrelevante Insektenarten. 17 verschiedene Heuschreckenarten (u. a. verkannter Grashüpfer, westliche Beißschrecke, Heidegrashüpfer, alle RL 3), Libellen und Tagfalter (verschiedene Bläulingsarten, RL 3) sind hier nachgewiesen. Meist sind diese auch besonders geschützt (z. B. Zahnflügel-Bläuling, Himmelblauer Bläuling, Kronwicken-Bläuling). Nachweise gibt es auch für den Hirschkäfer und die Spanische Flagge (beide FFH-Anhang II - Arten). Weitere wertvolle Tiergruppen (z. B. Schnecken, Spinnen) wurden nicht erfasst und in der saP nicht bewertet.

Im Geltungsbereich sind auch zahlreich naturschutzrelevante Pflanzenarten nachgewiesen, mit der Bocks-Riemenzunge (stark gefährdet), dem Helm-Knabenkraut (gefährdet) und dem Weißen Waldvögelein drei besonders geschützte Orchideenarten. Als Arten der Vorwarnliste in Bayern und/oder Deutschland kommen z. B. die Wiesen-Glockenblume, die Dürrwurz, die Gewöhnliche Hundszunge, der Weinbergs-Lauch und die Stängellose Kratzdistel im Geltungsbereich vor.

 

Der sehr hohe naturschutzfachliche Wert der Flächen ist damit unbestritten. Auch das Arten- und Biotopschutzprogramm fordert daher den Erhalt und die Optimierung dieses regional bedeutsamen Trockenstandortes. Es ist dem BUND Naturschutz absolut unverständlich, dass die Stadt Ochsenfurt dieses wertvolle Gebiet überbauen möchte und damit den Verlust dieser unersetzbaren und nicht wiederherstellbaren Naturflächen und Lebensräume zahlreicher gefährdeter Tier- und Pflanzenarten hinnimmt! Wie soll der erhebliche Rückgang in der Biodiversität gestoppt und umgekehrt werden, wenn nicht einmal geschützte Flächen (mit sehr hohem und vielfältigem Schutzstatus!) unangetastet bleiben? Wie soll in Bayern bis 2030 auf 15 % des Offenlandes ein Biotopverbund geschaffen werden (siehe Art.  19 BayNatSchG), wenn bestehende Biotope überbaut werden? Die Stadt Ochsenfurt kommt auch ihrer im Art. 141 der Bayerischen Verfassung festgeschriebenen Pflicht zum Erhalt der biologischen Vielfalt nicht nach, denn es gehört zu den vorrangigen Aufgaben von Staat, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts, die heimische Fauna und Flora und ihre Lebensräume sowie kennzeichnende Landschaftsbilder zu schonen und zu erhalten und die Denkmäler der Natur sowie die Landschaft zu schützen und zu pflegen.

 

 

2. Mangelnde Datengrundlage und Verstöße gegen Artenschutzrecht

 

Der BUND Naturschutz kritisiert, dass keine Kartierungen der Fledermausarten durchgeführt wurden, sondern als Grundlage lediglich die ASK diente. Damit ist nicht sichergestellt, dass alle Arten erfasst wurden. Die Erfüllung von Verbotstatbeständen kann so nicht ausgeschlossen werden.

Die vorgesehenen CEF-Maßnahmen für die Gruppe der Fledermäuse reichen schon jetzt nicht aus, um die ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang zu gewähren. Aktuell sind keine Maßnahmen bekannt, die die ökologische Funktion einer Baumhöhle als Fortpflanzungs- und Ruhestätte für baumhöhlenbewohnende Fledermäuse kurzfristig bis zum Beginn der Bauarbeiten ersetzen und somit als CEF-Maßnahme dienen können. Nach ZAHN& HAMMER (2017) werden die vielerorts verwendeten Kästen in vielen Fällen gar nicht oder erst nach vielen Jahren als Quartier angenommen. Aus diesem Grund ist die ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang durch die in Kap. 3.2. beschriebenen Maßnahmen nicht gewahrt. Auch eine Umsetzung von Höhlenbäumen ändert daran nichts.

Die Haselmaus (FFH-Anhang IV - Art und streng geschützt) ist aufgrund vorhandener Strukturen sicher im Gebiet vorhanden. Jedoch auch hier fanden keine Untersuchungen statt. Eine Bewertung des Erhaltungszustandes der lokalen Population ist nicht möglich (siehe saP, S. 24). Dennoch geht die saP davon aus, mit dem Aufhängen von 8 Haselmaus-Nistkästen als CEF-Maßnahme ein Schädigungsverbot zu vermeiden und negative Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der lokalen Population ausschließen zu können. Dies ist jedoch nicht möglich, da die Größe der lokalen Population nicht ermittelt wurde. Die Mindesthabitatgröße für eine überlebensfähige Population wird vom LfU mit 20 ha angegeben. Es wurde auch nicht überprüft, ob diese Mindestgröße weiterhin erhalten bleibt. Unklar ist auch, auf welcher Grundlage die gewählte Anzahl der Nistkästen gewählt wurde, wo doch die Populationsgröße nicht bekannt ist.

Nachweise der Schlingnatter und der Zauneidechse (beide FFH-Anhang IV - Arten und streng geschützt) liegen im näheren Umfeld des Eingriffsgebietes vor. Direktnachweise der Zauneidechse (Vorwarnliste) wurden auch im Geltungsbereich direkt erbracht. Aufgrund der vorhandenen Strukturen ist das Gebiet auch als Lebensraum für die Schlingnatter (in Bayern stark gefährdet) zu bewerten. Populationsgrößen wurden jedoch nicht ermittelt. Eine Zustandsbewertung ist damit nicht möglich (saP, S. 28). Dies ist aber Voraussetzung, um feststellen zu können, ob Verbotstatbestände erfüllt werden, unter Beachtung vorgesehener CEF-Maßnahmen.

Gemäß saP (S. 16) ist ein Umfang von mindestens 0,65 ha für den Verlust von Reptilienhabitaten als CEF-Maßnahmen erforderlich. Die Darstellung der CEF-Maßnahmen für Reptilien ist in den Planunterlagen jedoch widersprüchlich. Gemäß Bebauungsplan fungieren nur die Maßnahmen M 1, M 3 und A 3.1 als Reptilienhabitate, mit einer insgesamt deutlich zu geringen Fläche von 0,2465 ha (inkl. M 2, welche laut Punkt 8.9, Seite 11 der textlichen Festsetzungen zu den CEF-Maßnahmen gerechnet wird). Auf Seite 46 (Begründung mit Umweltbericht) sind wiederum nur die Flächen M 2 und A 3.1 als CEF-Maßnahmen für Reptilien angegeben. Sollten auch die Maßnahmen A 3.2 und A 3.3 als CEF-Maßnahmen vorgesehen sein (siehe Punkt 8.9, Seite 11, textliche Festsetzungen), würden diese aber außerhalb eines Umkreises von max. 50 m zur betroffenen Population liegen. Dann kann jedoch die ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang nicht gewährleistet werden.
Nicht berücksichtigt werden auch Störungen, die vom Baugebiet ausgehen werden, sich in die „unberührten“ Flächen hinein verlagern und sich negativ auf die Reptilienpopulationen (und auch auf andere Arten!) auswirken werden (z. B. durch Hauskatzen). Insbesondere die direkt angrenzenden Ausgleichsflächen wären betroffen, entwertet und in ihrer Funktion beraubt. Gerade Schlingnattern reagieren gegenüber Störungen sehr empfindlich. Die Erfüllung von Verbotstatbeständen ist nicht auszuschließen.

 

Betroffen sind auch zahlreich Vogelarten, deren Lebensraum durch das vorgesehene Baugebiet reduziert und beeinträchtigt werden würde. Auch gemeinschaftsrechtlich und streng bzw. besonders geschützte und zum Teil auch stark gefährdete Arten (siehe Punkt 1) wären betroffen. Die vorgesehenen Vermeidungs- und CEF-Maßnahmen reichen nicht aus, um Verbotstatbestände auszuschließen, da der Lebensraum im räumlichen Zusammenhang insgesamt kleiner wird, Störungen aus dem Baugebiet (z. B. durch Hauskatzen) in die verbleibenden Naturflächen weit hineinwirken (dies wurde nicht berücksichtigt) und für die Schaffung von z. B. Zauneidechsenhabitaten und der Anlage von Magerrasen sogar weitere Gehölze gerodet werden sollen (z. B. Bereich A 3.1), die als Nistmöglichkeiten damit auch entfallen. Hier ist ein zusätzlicher Ausgleich für Heckenbrüter nötig. Nicht berücksichtigt ist auch, dass Reviere im Umfeld des Baugebietes schon besetzt sein können und eine Verdrängung innerhalb der Arten die Populationen weiter zusätzlich beeinträchtigt.
Für den Pirol gibt es Nachweise von privater Seite. Diese Art ist besonders geschützt, aber von der saP nicht erfasst.

Die Aufnahmen der Insektenarten sind unvollständig. So gibt es Hinweise, dass im Gebiet auch der Hirschkäfer und die Spanische Flagge einen Lebensraum haben. Scheinbar wurden vorhandene alte Bäume (wie Eichen) auch nicht in Hinblick auf das Vorhandensein des Juchtenkäfers (FFH-Anhang II, IV) untersucht.

Der Erfolg der vorgesehenen Umsiedelung von Orchideen ist äußerst unsicher, denn dies ist für die Pflanze nicht ohne Risiko. Das Rhizom der Pflanze müsste vollständig bleiben. Eine möglichst große Menge der Symbiosepilze, ohne die die Pflanzen nicht keimen können, müsste ebenso umgesiedelt werden. Ein Nachweis über schon erfolgreich abgeschlossene Projekte ist daher zu erbringen. Er reicht nicht aus, eine Wirksamkeitskontrolle an dann durchgeführte Maßnahmen anzuschließen, da bei Misserfolg der Orchideenbestand verloren wäre. Die für die Umsiedlung vorgesehenen Flächen (M 1, A 3.1, A 3.2) erfüllen auch topographisch nicht die nötigen Voraussetzungen für einen Orchideenstandort, da die Besonnung eingeschränkt ist. Zudem müsste wohl auf bestehenden Biotopflächen („Empfängerfläche“) Gehölze gerodet werden (z. B. A 3.2, aber auch A 3.3). Dies stellt einen ausgleichspflichtigen Eingriff dar, für den eine saP erforderlich ist. Eine wichtige Pflege durch Schafbeweidung ist auf den Ausgleichsflächen ebenso nicht möglich.

 

 

3. Erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebietes nicht ausgeschlossen

 

Die Verträglichkeitsabschätzung attestiert, dass die Planung mit dem Schutzzweck bzw. den Erhaltungszielen verträglich sei. Dieser Schluss ist aber nicht möglich. So wird in der Verträglichkeitsabschätzung nicht berücksichtigt, dass ein Großteil der vorhandenen Lebensraumtypen nach Anhang I der FFH-Richtlinie (hier GT6210 und GE6510) überbaut wird. Nur ein kleiner Teil der Flachlandmähwiesen, der mit dem FFH-Gebiet überlappt, wird berücksichtigt, obwohl zwischen dem FFH-Gebiet und diesen Lebensraumtypen ein klarer funktionaler Zusammenhang besteht. Beeinträchtigungen der Lebensraumtypen im Baugebiet werden sich damit natürlich auch auf den Erhaltungszustand des FFH-Gebietes auswirken. Es ist irreführend - ja falsch -, wenn im Umweltbericht (S. 41) von einem dauerhaften Erhalt ohne Verschlechterung des Erhaltungszustandes des Lebensraumtyps „Flachlandmähwiesen“ gesprochen wird, große Teile im Geltungsbereich des geplanten Baugebietes jedoch überplant werden. Nach LAMBRECHT & TRAUTNER (2007) dürfen auch kumulative Flächenverluste durch Pläne und Projekte nicht dazu führen, dass Orientierungswerte überschritten werden. Auch durch andere Wirkfaktoren des jeweiligen Projekts oder Plans (einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen) dürfen keine erheblichen Beeinträchtigungen verursacht werden. Dies gilt es genau zu überprüfen. Zudem heißt es in der Verträglichkeitsabschätzung (S. 8): „Möglicherweise eintretende Beeinträchtigungen durch eine vom Wohngebiet ausgehende zunehmende Freizeitnutzung der LRT-Fläche im Geltungsbereich sowie von weiteren LRT-Flächen im FFH-Gebiet können nicht quantifiziert werden“. Schon allein damit kann nicht ausgeschlossen werden, dass die vorliegende Planung zu einer erheblichen Beeinträchtigung führt. Eine vollumfängliche FFH-Verträglichkeitsprüfung ist damit zwingend erforderlich.

 

 

4. Ausgleich ungenügend

 

Die Ermittlung der Beeinträchtigungsintensität und des Kompensationsbedarfs (Umweltbericht) missachtet den insgesamt sehr hohen ökologischen Wert der strukturreichen und eng miteinander verzahnten Flächen (zur Wertigkeit und Bedeutung siehe Punkt 1). Hierzu zählt auch die im Jahr 2016 umgebrochene Orchideenwiese mit einer Fläche von 0,33 ha, die hier fälschlicherweise als „Kleegrasacker“ dargestellt wird. Ein Wiederaustrieb von Orchideen ist hier vorhanden. Nur ein Ausgleichsfaktor von mindestens 3,0 für die gesamte Fläche bildet diese außergewöhnlich hohe naturschutzfachliche Bedeutung des Eingriffsgebietes ab. Dass aber selbst für die geschützten LRT-Flächen GT 6210 (Kalkmagerrasen) und FFH-LRT GE 6510 (Magere Flachlandmähwiesen) nur der Faktor 2,8 angesetzt wird, zeigt deutlich, dass der Ausgleichsbedarf hier bewusst heruntergerechnet werden soll, da die nötigen Ausgleichsflächen nicht zur Verfügung stehen.

Eingriffsmindernde Maßnahmen können aufgrund der außergewöhnlich hohen Wertigkeit der Flächen nicht anerkannt werden, da die Entwertung der Restflächen und die Beeinträchtigung der angrenzenden Gebiete dadurch nicht reduziert werden kann. In der Ausgleichsflächenberechnung fehlt gerade auch die Beeinträchtigung angrenzender wertvoller Gebiete (siehe Punkte oben). Bei der Ausgleichsflächenberechnung ist auch die vorgesehene Entfernung von Gehölzen auf bestehenden Biotopflächen zur Schaffung von Ausgleichsflächen zu berücksichtigen, da dadurch weitere Brutreviere für Vogelarten verloren gehen.

Ackerflächen mit sehr hoher natürlicher Ertragsfunktion sind gemäß Leitfaden „Bauen in Einklang mit Natur und Landschaft“ in die Kategorie II, oberer Wert einzuordnen. Damit ist für die Flächen A1.1, A1.2 und A1.3 ein Ausgangsfaktor von mindestens 0,8 (wenn nicht sogar 1,0) und nicht 0,5 anzuwenden. Es findet damit nur eine Aufwertung um maximal 0,7 Punkte statt. Die Ausgleichsfläche ist folglich zu klein.

Die Ausgleichsflächen sind so ausgewählt, dass dort keine Schafbeweidung möglich ist (siehe auch oben). Dies ist aber- gerade für die Förderung von Orchideen - nötig.

Die Ausgleichsfläche A 2 stellt eine Umwandlung in artenreiches feuchtes Grünland dar. Damit fehlt der funktionale Zusammenhang zu den trocken geprägten Eingriffsflächen.

Es ist eine Illusion zu glauben, dass die im Plangebiet vorhandenen Lebensraumtypen mit ihrem umfassenden Arteninventar (floristisch wie faunistisch) an anderer Stelle wieder herstellbar wären. Auch die vorgesehenen Ausgleichsflächen scheinen eher ungeeignet, da sie schon aufgrund des Flächenzuschnitts (meist kleinflächig, langgezogen) hohen Störeffekten ausgesetzt sind, z. T. eher westlich bis nördlich ausgerichtet sind und eine Schafbeweidung, als wichtige Pflegemaßnahme zum Erhalt von Trockenstandorten, nicht möglich erscheint.

 

 

 

5. Klimatisch negative Auswirkungen auf bestehende Bebauung

 

Die offenen Grünlandflächen dienen als Kaltluftentstehungsgebiet. Die Kaltluft fließt u. a. in das bestehende Wohngebiet Lehmgrube ab. Gerade in Hinblick auf den massiv voranschreitenden Klimawandel - mit der Folge des deutlichen Anstiegs von Hitzetagen und Tropennächten - beeinträchtigt die Planung die Wohnsituation in den angrenzenden Gebieten negativ. Eine Flächenversiegelung führt zudem zu einer zusätzlichen Aufheizung im Gebiet. Dies Auswirkungen sind im Umweltbericht nicht ausreichend gewichtet.

 

6. Notwendigkeit des Flächensparens wird missachtet

 

Laut Begründung zum Bebauungsplan gibt es im Ortsteil Goßmannsdorf 20 Baulücken, 5 Leerstände, 3 Hofstellen ohne Nachfolger und für 37 Gebäude ein Leerstandsrisiko. Dennoch sollen nun auf naturschutzfachlich wertvollsten Flächen 15 neue Baugrundstücke entstehen, entgegen aller Forderungen und politischen Erklärungen zum Flächensparen (z. B. 5 ha/Tag - Ziel in Bayern).
Eine belastbare Alternativenprüfung hat nicht stattgefunden. So wurde gemäß Begründung zum Bebauungsplan (S. 5) auch keine über die Erfassung des Innenentwicklungspotentials hinausgehende systematische Ermittlung des aktivierbaren Wohnflächenpotentials für Goßmannsdorf durchgeführt. Es genügt den Anforderungen von § 1a Abs. 2 S. 1 BauGB (Gebot des sparsamen Umgangs mit Grund und Boden) nicht, wenn lediglich Anfragen an Grundstückseigentümer erfolgen, um deren Bereitschaft zum Verkauf unbebauter Grundstücke bzw. leerstehender Häuser zu erfragen. Stellt sich heraus, dass eine Verkaufsbereitschaft nicht besteht, müssen die vorhandenen städtebaulichen Instrumente in Betracht gezogen werden. Diese Möglichkeiten wurden vorliegend nicht überprüft. Nur so hätte jedoch den Maßgaben des § 1a Abs. 2 S. 1 BauGB und der vorrangigen Innenentwicklung Rechnung getragen werden können: „Mit Grund und Boden soll sparsam und schonend umgegangen werden; dabei sind zur Verringerung der zusätzlichen Inanspruchnahme von Flächen für bauliche Nutzungen die Möglichkeiten der Entwicklung der Gemeinde insbesondere durch Wiedernutzbarmachung von Flächen, Nachverdichtung und andere Maßnahmen zur Innenentwicklung zu nutzen sowie Bodenversiegelungen auf das notwendige Maß zu begrenzen. Landwirtschaftlich, als Wald oder für Wohnzwecke genutzte Flächen sollen nur im notwendigen Umfang umgenutzt werden. Die Grundsätze nach den Sätzen 1 und 2 sind in der Abwägung nach § 1 Absatz 7 zu berücksichtigen. … dabei sollen Ermittlungen zu den Möglichkeiten der Innenentwicklung zugrunde gelegt werden, zu denen insbesondere Brachflächen, Gebäudeleerstand, Baulücken und andere Nachverdichtungs-möglichkeiten zählen können“.
Es ist daher unverständlich, dass keine fundierte Alternativenprüfung vorliegt. Die Alternativenprüfung ist aber eine Anforderung der Umweltprüfung. Hierzu sind die alternativ geprüften Bauflächen, einschließlich der Möglichkeiten der Innenentwicklung gemäß § 1a Abs. 2 BauGB, gründlich darzustellen. Die Notwendigkeit der Alternativenprüfung folgt auch aus § 15 BNatSchG: Der Verursacher eines Eingriffs ist verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Beeinträchtigungen sind vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu erreichen, gegeben sind. Soweit Beeinträchtigungen nicht vermieden werden können, ist dies zu begründen. Die Stadt Ochsenfurt muss der Pflicht zur fundierten Alternativprüfung in der Umweltprüfung also nachkommen, um dem Vermeidungsgebot gemäß § 15 BNatSchG gerecht zu werden.  Auch § 176 BauGB (Baugebot) muss hierbei Berücksichtigung finden.

 

Der BUND Naturschutz weist abschließend darauf hin, dass Eingriffe in das Plangebiet vor rechtssicherer Festsetzung des Bebauungsplanes nicht statthaft sind.

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Steffen Jodl

Diplom-Biologe
Geschäftsführer